DEUTSCHLAND - RECHTSEXTREMES MAGAZIN NUTZT SARKASMUS, UM MUSLIM*INNEN ALS FÜR EIN DENKMAL UNWÜRDIG ANZUGREIFEN
ieser Artikel ist Teil der Media Monitoring Highlights im Februar, einer monatlichen Übersicht über die wichtigsten Ergebnisse unseres Monitorings der traditionellen und neuen Medien in Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Ungarn und dem Vereinigten Königreich.
Veröffentlichungsdatum: 16. Februar 2020
Medium: Compact, rechtsextremes Magazin in Deutschland
Link: http://bit.ly/CompactSPD
Überschrift: SPD fordert Mahnmal für die Leiden und Denkmal für die Leistungen der Muslime
Beschreibung des muslimfeindlichen Inhalts: Der Artikel folgt und basiert auf einer Rede des sozialdemokratischen Abgeordneten Helge Lindh, die er Anfang des Jahres im Deutschen Bundestag hielt und in der er ein Mahnmal für das Leiden der Muslim*innen in Deutschland und ein Denkmal für ihre Leistungen vorschlug. Nach dem Wahldebakel bei der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen und in Anbetracht weiterer zu befürchtenden antimuslimischen Angriffe nach den Anschlägen in Christchurch oder Halle wollte der Abgeordnete ein positives Bild von Muslim*innen in Deutschland verbreiten, um damit antimuslimischen Gefühlen und Stimmungen entgegenzuwirken. Der Compact Artikel verspottet Lindhs Vorschlag und gibt ironische Vorschläge für eine Reihe von "Gründen", warum Muslim*innen ein Denkmal erhalten sollten. Ein Absatz lautet: "Setzen wir ihnen ein Denkmal für die zahllosen Dönerläden, die Barbershops, die Shisha-Bars, in denen Deutsche so gern gesehen sind, die insbesondere die deutsche Kultur bereichern". Ein weiterer Absatz befasst sich mit Beziehungen und Familie: „Setzen wir ihnen ein Denkmal für ihre Lehrstunden zu respektvollem Umgang mit Frauen, die sie – im Unterschied zu den schamlosen deutschen – sittsam kleiden. Für die Erziehung von Kindern, die sich liebevoll um ihre kartoffelfressenden Mitschüler kümmern und ihren Lehrern mit Achtung begegnen“. Der Autor fährt dann im selben sarkastischen Ton fort und schreibt, dass Muslim*innen wegen ihrer „PS-starken Boliden anlässlich ihrer Hochzeitsfeiern“ ein Denkmal verdienten und weil sie „Erdogan und ihrer Heimat“ treu seien. Der Artikel schließt mit einer Anspielung auf muslimische Gewalt, die in Deutschland angeblich täglich vorkomme: „Und ja: Setzen wir all den diskriminierten, wehrlosen, bedrohten, verfolgten, vergewaltigten und gemesserten Muslimen ein Denkmal: am besten auf dem Berliner Breitscheidplatz. Nur so können wir ergründen, welche Auswirkungen struktureller Rassismus auf das Zusammenleben in unserem Land hat‘, wie Lindh abschließend meint.“
Mythos entlarvt: In diesem Artikel werden zahlreiche antimuslimische Stereotypen durch Ironie und Sarkasmus bedient. Zum Beispiel, indem der Artikel suggeriert, dass Muslim*innen für ihre Toleranz gegenüber anderen Religionen eine Auszeichnung verdienen würden, reproduziert der Artikel den Mythos, dass Muslim*innen aufgrund ihres Glaubens von Natur aus diskriminierend und ausgrenzend sind. Laut einem Bericht des Data & Society Institute werden Ironie und Insider-Witze von der extremen Rechten strategisch eingesetzt. Der Einsatz von Sarkasmus und Humor erlaubt es dem Sprecher, rassistische Ansichten und Narrative zu verbreiten und sich gleichzeitig davon zu distanzieren. Die durch Ironie verursachte Mehrdeutigkeit erlaubt es ihnen oft, den Hatespeech Regulierungen von Online-Räumen zu entgehen. Dennoch sind die Folgen des ironischen Rassismus schwerwiegend und betreffen die Zielgruppe direkt. Auch wenn der Artikel von Compact sarkastisch geschrieben ist, verbreitet er ein homogenes und stereotypes Verständnis von muslimischer Kultur. Dies trägt zu falschen Vorstellungen über Muslim*innen bei, die zu weiterer Diskriminierung führen. Gerade in diesem Beispiel sind die platzierten Stereotypen nicht nur eine vereinfachte Version der Zielgruppe. Sie festigen auch ein enges und exkludierendes Verständnis von einer imaginären nationalen Gemeinschaft und regulieren damit, wer in diese Gemeinschaft einbezogen werden sollte. Der Artikel im Compact Magazin stellt dem "wir" (Deutsche) ein "sie" (Muslim*innen) gegenüber, ohne die Möglichkeit einer Überschneidung dieser beiden „Kategorien“ zuzulassen, wobei die herausgearbeiteten Züge der "anderen" Gemeinschaft als minderwertig und bösartig dargestellt werden.
Mehr zum Lesen:
Hiding in plain sight: Wie die "Alt-Right" Ironie zur Verbreitung von Faschismus nutzt